Liebste Lauscherinnen und Lauscher, der April ohne Konzerte macht deutlich, wie sehr ihr mir fehlt. Ich habe die Zeit genutzt, um mich auszuklinken und ans Meer zu fahren und habe wahrhaftig endlich wieder einen Song geschrieben. Und hey, ohne ChatGPT oder irgendein Gedöns von KI. Grinsen. Ein Füllfederhalter, ein Papier, meine zauberhafte Lakewoood Gitarre und ein Aufnahmeteil. Ganze Prozesse sind so wichtig. Die Seele und ihre Windungen behutsam anfahren und einsteigen in das, was da kommen will. Das braucht Ruhe und Stille. In diesen Zeiten, in denen sich alles viel zu schnell dreht, eine Herausforderung für mich. Wie schön es ist, einfach über eine Grenze fahren zu können in Europa. Ohne Angst vor einer Einreise, die vielleicht schwierig wird…
Einatmen, ausatmen. Ein Leuchtturm in Egmond an Zee, wo ich war. Ein schönes Symbol, für die Zuversicht bei einer stürmischen Reise wieder den Landeplatz zu finden. Direkt unter dem Leuchtturm steht eine Skulptur eines kleinen Ruderbootes. Einer steuert, die anderen rudern. Er muss wissen, was er tut, der Steuermann. Alle einschließen. Niemanden abwerten, weil er ihm nicht passt. Alle gehören dazu, alles geht nur gemeinsam. Alle rudern gemeinsam auf ein Ziel zu und alle dürfen landen.
Ich bin nicht religiös, dennoch berühren mich einige Grundwerte von Religionen sehr und die christliche hat auch mich geprägt. Man findet diese Grundwerte in allen Religionen. Am Ende zählt für mich „Love is my religion“. Frei und aus dem Herzen. Es bringt mich durcheinander, wenn ich Kritik von christlichen Politikern an Äußerungen höre, in denen die Kirche einen klaren Appell an Menschlichkeit und Barmherzigkeit an sie richtet. Verdreht. Nicht die Kirche liegt falsch, wenn sie an Menschlichkeit appelliert und damit Politik adressiert. Die Politik, die sich diese Werte auf die Fahnen schreibt und nicht danach handelt, liegt daneben. Die beeindruckende und sehr mutige Rede der Bischöfin Mariann Edgar Budde, die bei der Amtseinführung des amerikanischen Präsidenten sprach und direkt an ihn appellierte, wurde mit eisigem Schweigen der Anwesenden bedacht. Sie war im Gegensatz zu der Selbstbeweihräucherung und dem Wohlstandsevangelium, das dort sonst verbreitet wurde, so unglaublich ehrlich und klar, dass es mich zum Weinen brachte.
Die Rede mit dem Appell
Orangeman forderte eine Entschuldigung von ihr für diese Rede. Ich schüttele den Kopf, wie weit die Verdrehung geht. Für mich ist es Missbrauch einer Religion, die so kraftvoll zusammenbringen könnte, würde sie von Herzen in ihren Grundwerten gelebt, statt sie als Machtinstrument zu instrumentalisieren, damit die eigene Unfähigkeit, Veränderung und andere Lebensweisen zu achten, verdeckt wird. Wie viel Angst muss man haben, wenn es einen bedroht, dass jemand anders fühlt, als es die eigene enge, vermeintlich von Gott gewollte Vorstellung vorgibt?
Wie starr muss das eigene Weltbild sein, dass man befürchtet, diese Dinge würden es erschüttern, sodass man sie mit Gewalt unterdrückt oder zum Sünder erklärt? Es könnte ohne Probleme beides sein, es sei denn, man erhebt den Anspruch darauf, man wisse als einziger, wie das Leben zu sein hat. Und dieser Gott auch. Die eigene Angst vor dem, was anders ist. Man könnte sich öffnen und hinsehen und vor allem fühlen, was es für Menschen bedeutet, denen man ihre Menschenrechte und ihre Existenzberechtigung aberkennt, weil sie homosexuell oder trans sind. Das hab ich noch nie verstanden. Es beginnt immer mit Ausgrenzung einiger und endet immer mit dem Verlust der Freiheit aller. Lassen wir das nicht zu. Freedom is not given.
Sich einzusetzen füreinander und gegen Ausgrenzung ist immer auch politisch. Jeder von uns ist es, wenn er sich einsetzt. Und das ist gut so. Wir werden viel Mut brauchen. Alles geht nur gemeinsam. Liebt, was das Zeug hält. Du kannst wunderbar leuchten Und leise glimmen Und wenn die Zeit es braucht Dann weinst du ganze Meere
Heute weiß ich, wie das geht Und welches Boot ich brauch‘ Auch wenn ich ganz weit raus fahr‘ Mitten durch das Toben Ich komm immer zurück Ich komm immer zurück Lux im April 2025 _________________________________
Das Buch von Mariann Edgar Budde heißt: How we learn to be brave ist inzwischen auch auf Deutsch unter dem Titel Mutig sein erschienen. Ich lese es gerade. Sehr empfehlenswert.
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